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Wir an Euch | Ein Neuer PlatzWelche Gedanken und Eindrücke begegnen uns in unserer Arbeit? Womit beschäftigen wir uns gerade und was treibt uns um? Ein offener Brief – diesmal von Sonja Schwalb. |
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Einblick | Die Sache mit dem ReisenBetroffene zeigen uns einen Ausschnitt ihrer Trauer. Was beschäftigt sie im Moment? Wie leben sie mit dem Verlust? Und was hilft dabei, die nächste Zeit zu überstehen? |
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Reisen sind ein sehr drängendes Thema für mich, bei dem mir oft Unverständnis entgegenblickt. Wenn das mein einziges Problem sei... Ich suche Halt, Halt in einem Leben, das ich nicht möchte, das ich so nie wollte. Reisen bedeutet für mich: leben, sich spüren. Beides fehlt mir. Ich bin eine alleinerziehende Witwe, viel mehr weiß ich gerade nicht mehr über mich. Ich habe mich verloren in all den sich überschlagenden Ereignissen der letzten zwei Jahre. Früher bin ich mit ihm auf Weitwanderwegen unterwegs gewesen, zu Fuß von München nach Venedig. Und dann die Diagnose. Wir kauften einen kleinen Camper, packten seinen Rollator ein und fuhren quer durch Europa. Ich hochschwanger und er fast tot. Wir waren ein Team. Er der Anker, ich das Segel. Und nun? Mein Schiff treibt planlos umher. An Bord unsere Tochter. Ich möchte in meiner Elternzeit alle möglichen Urlaubsvarianten ausprobieren. Ich möchte wieder leben, wenigstens für sie. Der erste Versuch. Wandern, allein mit Baby, Hund und Gepäck. „Warte doch bis sie groß genug ist, das muss doch jetzt nicht sein.“ Doch, es muss. Ich muss wissen, was noch geht, ohne ihn. Ich habe einen Wanderanhänger gekauft. Er hätte sicher gewusst, wie man darauf einen Babysitz befestigen kann, er wusste alles. Jeden Abend, wenn meine Tochter schläft, schraube und bohre ich, verzweifle und höre ihn kommentieren: „Schatz, das sind keine Holzschrauben.“ Ich weine viel und nehme am Ende eine ganze Menge Kabelbinder. Es ist doch erstmal nur ein Versuch. Auf unserer ersten Tour durch den Harz sind wir ein recht auffälliges Gespann. Gerade Wege, bergab und leichte Steigungen absolvieren wir wunderbar. Richtige Steigungen hingegen fühlen sich an wie Hochleistungssport. Die Trauer gibt mir Kraft. Wütend auf das Schicksal und die Welt ziehe ich meine Mac-Gyver-Konstruktion auch steile Hänge hinauf. Geht doch! Natürlich ist es nicht wie früher, er ist nicht da. Aber er hätte kopfschüttelnd gelacht. "Du und deine Ideen". Er wäre stolz auf uns. Zwölf Stempel in fünf Tagen im Heft der Harzer Wandernadel. Der zweite Versuch. Mit dem Zug durch Europa. Ich würde niemals losfahren. Viel zu viel Angst habe ich vor all dem Ungewissen. Er hat mir so viel Sicherheit gegeben, mit ihm war ich mutig. Also schubse ich mich ins kalte Wasser, fliege mit Freunden in den Portugalurlaub und buche mir keinen Rückflug. Unsere Tochter ist nun 7 Monate alt. Ich bin extrem aufgeregt. Was-ist-wenn-Gedanken überschlagen sich. Nach der ersten Zugfahrt mit ihr allein und dem Einchecken im Hotel bin ich ziemlich stolz auf uns beide. Meine Tochter macht es mir leicht, sie ist ein Engel, lacht mit Menschen, mit denen ich sonst nicht in Kontakt kommen würde. Das war früher seine Rolle, ich brauche immer eine Weile, um warm zu werden. Überhaupt fällt mir schnell auf, was noch alles so seine Aufgaben waren. Er war derjenige, der unseren Tag mit Zielen gefüllt hat. Ich sagte wo und er was. Und nun? Ich bin in Lissabon, aber was mache ich hier? Ich entscheide mich dafür, mir jeden Tag ein Ziel zu setzen. Wieder hilft mir unsere Tochter. Am ersten Tag verliert sie ihren Hut, ein Einkaufszentrum muss her. Auf dem Weg dahin einen Spielplatz entdeckt und die Werbung vom Zoo. Und so plane ich unsere Tage. Die bisherige Struktur habe ich mit dem Beginn der Reise verabschiedet. Wir leben jetzt bedürfnisorientiert. Das ist überhaupt etwas, was ich lernen musste. Pläne sind da, um sich sicher zu fühlen, bis man sie wegen irgendwelcher Umstände ziehen lässt. Die Gedanken an ihn sind ein ständiger Begleiter. Jetzt hätte er dies gesagt, jetzt hätte er das genau, das hätte ihm gefallen, hier hätte er... Es ist schwer, sich nicht darin zu verlieren. Ich sitze im Zug während ich daran denke, dass er heute ein halbes Jahr nicht mehr bei uns ist. Es tut weh, ich habe keinen Raum zum Weinen. Ich stelle mir immer zu vor, wie gerne er mit mir diese Reise gemacht hätte. Vorbei an Sonnenblumenfeldern. Letztes Jahr wollten wir in einem davon Schwangerschaftsfotos machen, haben gelacht als wir dann auf unserer Reise einfach keine Sonnenblumen mehr gefunden haben. Er kommentiert in meinem Kopf alles, was ich sehe, ich möchte ihm antworten, ich fühle mich einsam. Fragen, warum ich mir das eigentlich antue, sind natürlich allgegenwärtig. Die einzige Antwort, die sich immer wieder gut anfühlt, ist, dass ich neue Erinnerungen generiere. Für mich. Ich habe nun genügend Gesprächsstoff und kann selbst entscheiden, ob ich von einer Zeit mit oder ohne ihn erzählen möchte. Naja, so zumindest die Theorie. Es gibt viele schöne Momente auf unserer Reise. Die Fotos sehen mitunter etwas gewöhnungsbedürftig aus. Kinderwagen unter Triumphbogen, Kinderwagen vor einer Statue, Kinderwagen in einem Café. Ich bin dazu übergegangen, Selfies zu machen, und freue mich auf die Zeit, wenn meine Tochter fremde Menschen fragen kann, ob sie uns fotografieren. Wir sind jetzt schon ein gutes Team geworden und ich bin froh, ins kalte Wasser gesprungen zu sein. Und während ich das schreibe, sitze ich in einem spanischen Café und es läuft: "I will survive". Ich bin mir dessen noch nicht sicher, hoffe es aber. Auf dem Rückweg überrollen mich Sehnsucht und die Vorstellung, dass er zuhause auf uns wartet. Ich habe wahnsinnige Angst vor dem Blick auf das leere Sofa. Wieder möchte ich es laut herausschreien. Ich möchte, dass es die Welt weiß und sich entsprechend verhält: Er ist tot, verdammt. Die Liebe meines Lebens ist einfach gestorben. Ich bleibe ruhig, schaue unsere Tochter an, die neben mir eine Schraube am Fenster inspiziert. Ich bin dankbar, glücklich und tief traurig. To be continued... Mira |
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Anderswo |
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Trauer-Yoga: Bewegung und Begleitung Die Psychologin und Yogalehrerin Julia Loboda hat selbst einen schweren Verlust erlitten. Das, was ihr in der schweren Zeit nach dem Tod ihrer Tochter geholfen hat, teilt sie nun mit anderen und bietet spezielle Yogakurse für Trauernde in Regensburg und online an. In den gemeinsamen Stunden ist Raum, um zu sich zu kommen, die eigenen Gefühle wahrzunehmen und Yoga zu machen. Aber auch Gespräche sind ein wichtiger Bestandteil der Kurse. trauer-yoga.de Podcast: „Es ist alles in mir zersprungen“ Im Podcast Plus Eins von Deutschlandfunk Kultur erzählt Jessi, wie sie mit 30 Jahren ihren Freund Stefan verloren hat. Als sie eigentlich einen Urlaubsgruß von ihm erwartet, erfährt sie, dass er gestorben ist. Zwölf Jahre waren sie zusammen, hatten gerade nach einem gemeinsamen Haus gesucht. Wie sie mit dem Verlust umgeht, erzählt sie in diese Folge: deutschlandfunkkultur.de Kartenset: Impulse zum Umgang mit einem Verlust Auf 108 handlichen Karten sind die umfangreichen Facetten eines Trauerprozesses in kleine Portionen heruntergebrochen: wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Trauer, Handlungsimpulse und Rituale für den Umgang mit dem Verlust eines geliebten Menschen. Egal ob eine Karte pro Tag, pro Woche oder pro Monat – jede*r kann in Eigenregie den individuellen Trauerweg gestalten. Insbesondere Menschen, die ungern über ihre Emotionen sprechen, sollen von den Impulsen profitieren. gedenkenschenken.de Serie: You & Me Die Miniserie You & Me – zu sehen in der Arte-Mediathek – beginnt mit einer Liebesgeschichte zwischen Ben und Jess, die sich an einer Bushaltestelle kennenlernen. Sie daten, heiraten, gründen eine Familie. Doch dann stirbt Jess. Die Serie verfolgt Ben durch sein Leben, mit Rückblenden auf die Beziehung zu Jess. Zusammen mit seiner Mutter beschreitet er den Alltag als alleinerziehender Papa und Witwer. Als Ben auf Emma trifft, die ebenfalls trauert, muss er entscheiden, ob er wieder einen Menschen in sein Leben lässt. arte.tv Kinderbuch: Henry Kolonko und die Sache mit dem Finden Der 9-jährige Henry hat ein sehr ungewöhnliches Hobby: Er sammelt verloren gegangene Dinge und sucht nach ihren Besitzern. Am liebsten alleine – bis er die quirlige Pippa kennenlernt. Mit ihrer Hilfe findet Henry nicht nur raus, wem das Gebiss gehört, das eines Tages vorm Asia-Laden lag, sondern auch, warum es ihm so wichtig ist, Verlorenes zurückzubringen. Und was das alles mit seiner Mutter zu tun hat. Ein herzerwärmendes Kinderbuch ab acht Jahren über Verlust, Trauer und Freundschaft. carlsen.de Podcast: Good Mourning Der englischsprachige Podcast Good Mourning versteht sich als eine Art Trauer-Selbsthilfegruppe, in der alles Platz hat, was Trauernde bewegt: von Verlust und Trauma über psychische Gesundheit bis hin zu Spiritualität und Selbstentwicklung. Die Hosts Sally Douglas und Imogen Carn wollen einen Raum schaffen, "in dem sich Menschen verstanden und mit anderen verbunden fühlen und sogar den einen oder anderen Aha-Moment erleben." goodmourning.com.au Studie: Trauern Männer anders? Männer nehmen seltener Trauerbegleitungsangebote in Anspruch als Frauen, dabei sind Männer sicherlich nicht weniger stark von einem Verlust betroffen. Eine Studie der Philipps-Universität Marburg will herausfinden, wie es zu diesen Unterschieden kommt und wie Unterstützungsangebote besser an die Bedürfnisse von Männern angepasst werden können. Die Umfrage richtet sich an Personen, die sich dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlen und Angebote für sich nutzen bzw. genutzt haben. Hier geht's zum Fragebogen: soscisurvey.de |
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