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Stiftungspost: Wege | Seelenschmerz | Innenschau

Stiftungspost: Wege | Seelenschmerz | Innenschau
Season's Greetings


Liebe alle,

"I'll try as hard as I can because I know Maria would have wanted me to try." Das beschließt Nik, Vater von vier Kindern, nach dem Tod seiner Frau. Ein berührender Dokumentarfilm (Näheres unter Anderswo) zeigt, wie hart der Versuch des Weitermachens ist, wie viel er abverlangt, wie oft er sich nach Scheitern anfühlt. Niks Geschichte ist aber auch ein Beispiel dafür, wie viel Verbundenheit entstehen und wie viel Hoffnung (mehr davon in Wir an Euch) es geben kann, wenn man die Zukunft nicht aufgibt. Denn die kann, so unvorstellbar das immer wieder ist, durchaus so etwas wie Glück bereithalten – wenn man den Erfahrungen in unserem Fundstück Glauben schenkt.

Herzliche Grüße,
Euer Stiftungsteam

 

Wir an Euch | Auf dem eigenen Weg

 

Welche Gedanken und Eindrücke begegnen uns in unserer Arbeit? Womit beschäftigen wir uns gerade und was treibt uns um? Ein offener Brief – diesmal von Edda Kaufmann.

Da sitze ich gerade, im Zug. Auf dem Rückweg nach Österreich, genauer gesagt nach Niederösterreich. Zwischen vielen Menschen, in einem der matt dunkelblaugrauen Reisestühle, mit den kleinen grünen Kästchen, umrahmt von zarten – ich bin mir nie sicher – roten oder weißen Strichen. Seit ich denken kann, fahre ich gerne mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Mit dem Bus, dem Zug, der Straßenbahn, ab und an mit dem Flugzeug. Nach meiner Matura habe ich ein dreiviertel Jahr am Flughafen Heathrow gearbeitet, im Sicherheitsbereich, und eine weitere Faszination hat sich bereits davor (und danach) über mein Leben gesponnen, neben all diesen öffentlichen Verkehrsmitteln: die Orte und Plätze selbst, an denen sich Reisende begegnen. Die Bushaltestelle im kleinen Ort, neben der Kirche, die Bahnhöfe in kleinen und großen Städten, die Straßenbahnstationen – mitten in Zentren und fernab davon – und auch der Flughafen, mit all seinen Bereichen, Durchsagen, Abflugs- und Ankunftszonen. Das geschäftige Treiben, chaotisch und strukturiert, das Schwirren der vielen Menschen.

Manchmal, so habe ich mir schon seit meiner Kindheit gedacht, sind sich Menschen an diesen Orten ähnlicher, näher, noch nicht mit dem Reisemittel abgefahren, gerade erst angekommen, auf jeden Fall (noch) nicht zuhause, in jener sicheren Zone, die mit eigenen Ritualen, Regeln, Gewohnheiten, Alltäglichkeiten und Vertrautheiten, eine Grenzziehung und Abgrenzung – im Zarten wie im Robusten – ermöglicht. Sich als Fremde auf fremdem Terrain zu begegnen kann auch ganz viel Nähe (er)schaffen. Der Vertraut- und Sicherheiten beraubt, kann Gleichheit entstehen, eine Symmetrie der Begegnung, beginnend mit einem zaghaften Lächeln bis hin zu Gesprächen, Austausch, Kontakt, der auf und an diesem neuen Ort möglich wird, losgelöst von Festgefahrenem und Eingespieltem.

Zu trauern, einen schweren Verlust erlitten zu haben, Rollen, die dadurch verschwinden und durch Neue ersetzt werden müssen, sich an die schockartig eingetretene Abwesenheit langsam heranzutasten, all dies kommt in meiner Perspektive als Bild und Symbol ebenfalls einem dieser Orte nahe, die für (noch) Unvertrautes im Leben, auf der Lebensreise sprechen.

„Wo komme ich her, wie sah und sieht es dort aus?“, ist noch einfacher zu beantworten, als die Frage nach der Zukunft und dem neu Entstehenden, es sei denn, man hat die „Reiseetappen“ bereits ein paar Mal bewältigt und fährt die „Strecke“ öfters. Und wieder ziehe ich diese „Haltestellen“ und „Reisewege“ als Metapher für Szenarien in der Trauer herbei: die Trauerprozesse (die kaum einen fixen Fahrplan enthalten), die Traueraufgaben und all die Trauerwellen, die Trauernde oft immer wieder und erneut überschwemmen: auf dem eigenen Weg, auf der ganz eigenen Reise. Verspätungen, neu Zusteigende, Aussteigende, Durchsagen, Verzögerungen, Pannen, Stopps, auch Notbremsen und Reparaturen: Kein Tag, kein Weg gleicht dem anderen.

Ich sehe meine Aufgabe als Begleiterin und Beraterin für Menschen, die einen schweren Verlust erlitten haben, um in diesem Bild zu bleiben, in vielfältiger Art und Weise: auf dem Weg und auf der Reise zu begleiten, im Schock gemeinsam die Fahrpläne rauszusuchen, gemeinsam auf den nächsten „Bus“ zu warten, Orientierung herzustellen, und vor allem die Zuversicht zu vermitteln, dass neue Reiseziele, so lange es auch andauern mag, bevorstehen und erreicht werden können – unabhängig von der Reisedauer. Auch die Vernetzung und Vermittlung von Kontakten, zu jenen Menschen, die ebenfalls auf diesem Weg sind und sich über ihre Erfahrungen austauschen (können), betrachte ich als wesentlichen Teil meiner Aufgabe. Gemeinsam „Reiseproviant packen“, sich stärken und Kraft tanken und damit nicht alleine zu sein: nicht im Chaos der Gefühle und des Weges, der Orientierungslosigkeit, nicht in der Suche nach neuen Wegen und Reisemitteln, nicht an und in fremden Orten und Ländern. Als wäre die Trauer ein neues, ganz eigenes, noch unerforschtes Land – und gemeinsam geht die „Erforschung“ zumeist bis fast immer leichter.

Ich wünsche allen Trauernden, die in der Nicolaidis YoungWings Stiftung ankommen und Begleitung erfahren, die Gewissheit, dass hier Menschen sind und arbeiten, ob haupt- oder ehrenamtlich, die diesen Weg bereits selbst gegangen sind, oder diesen unglaublich ernst- und wahrhaftig betrachten und wahrnehmen, stets würdevoll mit der Desorientierung und Verlorenheit umgehen. Sie möchten Licht am Ende dunkler Tunnels darstellen, in einer Zeit, in der es scheint, als würde vielmehr nach jedem noch so kleinen Lichtstrahl wieder einer dieser Tunnels nahen.  

Kreativ, hoffnungsvoll, empathisch, wissensdurstig, lebensnah, methodisch kompetent, zuverlässig an der Seite – nur einige jener Eigenschaften, für die wir stehen, die wir schenken möchten, auf einem Weg, der am Anfang und immer wieder mittendrin unbezwingbar erscheint, und dennoch wieder gang- und lebbar werden darf. In einer Arbeit, die sich mit vulnerablen, fragilen und schweren Themen beschäftigt, mit Sterben, Tod und Trauer, und diese Themen bedingungslos ernst nimmt, möchte ich dennoch einen positiven Blick anbieten: die Freude an Begegnungen, an echten unverstellten Momenten, an authentischer Anteilnahme und an Hoffnung in dunklen Zeiten. Und mit einem Zitat von Nadine Gordimer möchte ich in diesem Sinne auch schließen: „Ich weigere mich, ohne Hoffnung zu sein.“ Ein Zitat, dass diese stellvertretende Hoffnung tief und weit ergänzen darf.


Eure Edda Kaufmann

Beratung und Begleitung nach dem Tod eines Elternteils


   IMPULS | Seelenschmerzprotokoll

"Trauer verlangt von uns Menschen etwas beinahe Unmenschliches: auszuhalten, was eigentlich nicht auszuhalten ist", schreibt der Autor und Trauerbegleiter Thomas Achenbach in seinem Buch Das ABC der Trauer. Er glaubt: Aushalten ist wie ein seelischer Muskel, der sich trainieren lässt und mit der Zeit stärker wird. Für den Weg dahin rät Achenbach zu einem Art Trainingstagebuch: einem Seelenschmerzprotokoll. Notiere dafür jeden Tag (vielleicht auf einer selbst entwickelten Skala), wie viel Schmerz, Sorgen, Ängste, etc. du heute durchgestanden hast. So kannst du im Rückblick sehen, wie unterschiedlich die Tagesform ist, wodurch die Höhen und Tiefen beeinflusst werden und wie sich das Erleben über die Monate hinweg verändert. 
 

Einblick | InnenSchau

Betroffene zeigen uns einen Ausschnitt ihrer Trauer. Was beschäftigt sie im Moment? Wie leben sie mit dem Verlust? Und was hilft dabei, die nächste Zeit zu überstehen?


In all meinen Farben weine ich um dich.
In all meiner Zeit verliere ich mich.
In all meinen Fasern spüre ich dich.
In all meinen Momenten begleitest du mich.

In all meinen Sekunden vermisse ich dich.
In all meinen Gedanken drehe ich mich.
In all meinen Trümmern suche ich dich.
In all dem allen finde ich uns.


Susan

Anderswo



    
DOK.fest: A new kind of wilderness

Mit ihrem Mann Nik und ihren vier Kindern zieht die Fotografin Maria Gros Vatne in Norwegen aufs Land. Sie leben als Selbstversorger*innen und erleben große Freiheit. Doch dann kommt alles anders: Mit nur 41 Jahren stirbt Maria 2019 an Krebs. In liebevollen Bildern begleitet die Regisseurin Silje Evensmo Jacobsen den Vater und die vier Kinder über einen Zeitraum von mehreren Jahren nach dem Verlust. Der Dokumentarfilm wird zwischen 5.5. und 12.5. in englischer Sprache beim DOK.fest in München gezeigt und ist auch online verfügbar. dokfest-muenchen.de



     Podcast: Was passiert beim Trauern im Gehirn?

Stirbt ein geliebter Mensch, dann hinterlässt das Spuren in unserem Gehirn. In einer Podcastfolge von detektor.fm erzählt die US-amerikanische Psychologin und Forscherin Mary Frances O’Connor, wie sich die Trauer auf unser Denkorgan auswirkt und welche Prozesse dort ablaufen, wenn wir jemanden verlieren. Viele Menschen glaubten, dass die Trauer irgendwann aufhört, sagt O’Connor. Doch eigentlich verändert sich nur die Art, wie wir damit umgehen. detektor.fm
 


     Buch: Im Club der Trauernden

Einen geliebten Menschen zu verlieren, reißt immer ein Loch in unser Leben. Die britische Kabarettistin Cariad Lloyd weiß das aus eigener Erfahrung, im Alter von 15 Jahren verlor sie ihren Vater. Um nicht allein mit der Trauer zu bleiben, begann sie mit Menschen zu sprechen: Prominenten, Forscher*innen, Freund*innen und Bekannten. Aus den Gesprächen hat sie gelernt: "Du bist nicht allein." Nun heißt sie uns alle im Club der Trauernden willkommen und zeigt, dass Humor, Zuversicht und Erinnerungen uns durch die Trauer tragen können. penguin.de


 
     Dokumentation: Wohin mit der Trauer?

Wie gehen wir mit dem Thema Tod um? Was passiert, wenn man einen geliebten Menschen verliert und die Trauer das Leben verändert? Die Fragen werden in einer Dokumentation von 3sat aspekte aufgegriffen. Betroffene berichten darin von ihren sehr persönlichen Erfahrungen. 3sat.de


    
     Kinderbuch: Himmelwärts

In einer sternenklaren Sommernacht funken Toni und ihre beste Freundin YumYum mit ihrem selbst gebastelten kosmischen Radio in den Himmel, um Kontakt zu Tonis verstorbener Mutter aufzunehmen. Toni hat große Vermissung, und Weltall-Expertin YumYum hat Experimentierlust. Statt der Mutter antwortet ihnen Astronautin Zanna von einer Raumstation. Mit ihr philosophieren sie über das Dasein und die Sehnsucht, aber vor allem über das großartige Leben auf dem Planeten Erde, das uns so viel Trost und Freude schenkt. "Ein überwältigendes Kinderbuch" (Süddeutsche Zeitung) ab 10 Jahren. hanser-literaturverlage.de



     Studie: Fragen an trauernde Elternteile

Das Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf untersucht Herausforderungen und Ressourcen von hinterbliebenen Elternteilen im Trauerprozess und in der Begleitung der Kinder. Für eine Online-Befragung werden Menschen gesucht, die mindestens ein Kind haben und deren Co-Elternteil verstorben ist. Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass mindestens eines der Kinder zum Zeitpunkt des Verlusts minderjährig gewesen und zum jetzigen Zeitpunkt höchstens 25 Jahre alt ist. Der Verlust sollte außerdem mindestens sechs Monate zurück liegen. redcap-survey.fit.uke.de

FUNDSTÜCK


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