mit den grauen Herbsttagen, die sich gerade breit machen und uns unmissverständlich zeigen, dass der Sommer nun vorbei ist, kommt oft die Angst vor (noch stärkeren) Einsamkeits- und Trauergefühlen in der kalten Jahreszeit. In den kommenden Monaten sind wir natürlich wie gewohnt für Euch da, wir möchten Euch aber zusätzlich noch einige neue Angebote an die Hand geben: Online-Themenabende zum Beispiel oder einen Abend im Sternenhaus, der die Trauer in Bewegung bringen will. Wir hoffen, dass Ihr dort (oder anderswo) auf Menschen trefft, bei denen all das Platz hat, was Euch beschäftigt. Denen Ihr Euch verbunden fühlen könnt und die ein Stück (Trauer-)Weg mit Euch gehen.
Herzliche Grüße, Euer Stiftungsteam |
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WIR AN EUCH | WOHIN GEHT DIE REISE?
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Welche Gedanken und Eindrücke begegnen uns in unserer Arbeit? Womit beschäftigen wir uns gerade und was treibt uns um? Ein offener Brief – diesmal von Caroline Deidenbach. Ferien bzw. Urlaube sind eigentlich eine Zeit, der man entgegenfiebert. Endlich ausschlafen, in den Tag hineinleben, wegfahren, keine Verpflichtungen und To-dos. Doch genau diese „freie“ Zeit kann auch Angst machen. Zu viel Leere, Zeit nachzudenken, Zeit zu spüren, dass etwas anders ist, keine Struktur und weniger Ablenkung. Was soll man machen? An die Orte der Erinnerung fahren, weil es vertraut und tröstlich ist? Oder ist genau das einfach nur schmerzhaft, und daher lieber mal etwas ganz Anderes ausprobieren? Vielleicht ist auch weder das eine, noch das andere aktuell möglich, weil die Mittel fehlen und/oder die Kraft.
Als mein Vater starb, war ich gerade 18 Jahre alt geworden. In den Sommern meiner Kindheit waren wir immer drei Wochen in Italien, bei Freunden von Freunden meines italienischen Onkels, wo wir günstig als sechsköpfige Familie verweilen konnten. Oft in wenig touristischen Gegenden. Diese Sommer bestanden aus Meer, ein bisschen Sightseeing, Wasserschlachten, den allerbesten Tomaten und natürlich viel Eis. Mein Vater suchte, egal wo, eine kleine Bar am Strand auf, um seinen Espresso zu trinken und Bücher zu lesen. Mein Vater, der mit langer Hose und langärmligen Pulli im Schatten lag, weil er sich immer so schnell verbrannte. Mein Vater, der uns abends aus Büchern vorlas, während wir in den Sternenhimmel schauten. Mein Vater, der (unserer Meinung nach) super peinlich versuchte Italienisch zu sprechen.
Die Urlaube nach seinem Tod waren anders. Ich bin an dieselben Orte gefahren und an andere Orte. Denke manchmal daran, wie es ihm gefallen hätte, was ich ihm darüber erzählt hätte. Über die Tierwelt in Südafrika, die italienische Universität, die Fahrradwege in Kopenhagen und die Rocky-Treppen in Philadelphia. Ich trinke meinen Espresso, beobachte die Leute, lese ein Buch. Dabei fühle ich mich ihm nah, schreibe ihm in Gedanken Postkarten.
Wie mache ich nun „richtig“ Ferien als Trauernde? Wie so oft gibt es in der Trauer nicht den einen Weg und innerhalb der Familie können die Bedürfnisse auch sehr unterschiedlich sein, wie diese Zeit zu verbringen ist. Es ist ein Austesten, manchmal trifft man dabei scheinbar die „falsche“ Entscheidung, eine, die sich doch nicht so gut anfühlt wie gedacht. Dabei braucht es diese, um zu wissen, was sich „richtig“ anfühlen könnte. So kann das auch der Augenblick für ein Gespräch oder ein Angebot in der Stiftung sein – oder Ferien von all dem. Dabei kommt mir eine Schreibübung von Doris Dörrie in den Sinn, die vielleicht bei der Entscheidung helfen kann, und die geht so: Setz dich hin, mit Stift und Papier, und vervollständige den Satz: „Ich erinnere mich an…“. Schreibe einfach los, das erste, was dir bei dem Satz im Zusammenhang mit Ferien und Urlaub in den Sinn kommt. Spür nach, wie sich diese Zeilen anfühlen. Vielleicht ist es ein Satz. Vielleicht eine ganze Seite. Wohin geht die Reise?
Eure Caroline
Beratung und Begleitung nach dem Tod eines Elternteils |
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Themendossier: Junge Trauer – neue Partnerschaft
Obwohl das Thema viele Menschen betrifft, gibt es kaum Literatur und Hilfestellungen rund um neue Beziehungen nach einem Verlust. Mit einem Themendossier wollen wir diese Lücke füllen. In zehn Artikeln behandeln wir die verschiedenen Fragen, Herausforderungen und Ängste, die uns in den Beratungen und Begleitungen immer wieder begegnen.
After-Work-Treffen
Wenn man nach dem Verlust in den Beruf zurückkehrt, bleibt im vollen Alltag für die Trauer oft wenig Platz. Bei unseren After-Work-Treffen möchten wir Trauernde nach dem Verlust des/der Lebenspartner*in einladen, im Sternenhaus bei entspannter Atmosphäre den Arbeitstag ausklingen zu lassen, um dann gestärkt in den Feierabend zu gehen. Bei einem Getränk gibt es im geschützten Raum des Sternenhauses Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und Kontakte zu knüpfen.
Online-Themenabende
Jeden Monat bieten wir einen Online-Themenabend mit einem speziellen Fokus an. Nach einem kurzen Input ist Zeit für Austausch unter den Teilnehmenden. Zu den Schwerpunkten zählen etwa die Herausforderungen für verwitwete Alleinerziehende, die Einsamkeit von Menschen ohne Kinder oder Schritte in Richtung einer neuen Partnerschaft. Das Veranstaltungsformat richtet sich an Betroffene nach Verlust des/der Lebenspartner*in bis 49 Jahre.
Trauer in Bewegung
In der Trauer kommt es vor, dass das eigene Körpergefühl ein Stück weit verloren geht. Bewegungen im Rhythmus der Musik können helfen, sich wieder mit sich selbst zu verbinden. Wir laden deshalb zu einem besonderen Abend ins Sternenhaus ein, an dem wir einen sicheren Raum bieten, um mit den eigenen Gefühlen und dem ganzen Körper in Kontakt zu kommen. Dabei geht es nicht um Ästhetik oder die "richtige" Bewegung zur Musik. Sondern vielmehr darum, Gefühle körperlich zum Ausdruck zu bringen, innere Klänge zu hören und ihnen nachzugehen.
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Betroffene zeigen uns einen Ausschnitt ihrer Trauer. Was beschäftigt sie im Moment? Wie leben sie mit dem Verlust? Und was hilft dabei, die nächste Zeit zu überstehen?
"Time is a bitch", sagt ein Grafitti vor meinem Zugfenster. Der ICE steht irgendwo im Nirgendwo und ich bin traurig. In Zügen kann man prima traurig sein, finde ich, zumindest, wenn man einen Platz am Fenster und eine Reservierung hat. Mit der Zeit habe ich es auch nicht so. Die Trauer zieht sie komisch in die Länge und schrumpft sie gleichzeitig zusammen. Sie rast und sie schleicht zugleich. Vor allem entfernt sie mich mit irrem Tempo von der Vergangenheit und damit von dir. Schon neun Monate, seit du gestorben bist. NEUN MONATE, möchte ich dem Graffiti entgegenschreien. Die Wochen sind verpufft, gestern erst war deine Trauerfeier, gestern erst habe ich mit den tausenden Ersten-Malen ohne dich begonnen, die ich so sehr hasse. Jeder dieser Tage seither entfernt mich Stück für Stück von einem Leben, in dem du ein so essentieller Teil warst. Jeder dieser Tage schiebt die Erinnerungen weiter weg, macht sie blasser und abstrakter und jetzt schon frage ich mich manchmal, ob es wirklich so war, wie ich denke, oder ob mein Gedächtnis herumkonstruiert. Und ich kann dich nicht fragen. ICH KANN DICH NICHT FRAGEN, VERDAMMT NOCHMAL. Wieder schreie ich aus dem Fenster, in Gedanken. "Time is a bitch". Und eine elende Schnecke. Wenn ich an den Schmerz denke, die klaffende Wunde in mir, mein blutendes Herz, dann will die Zeit nicht weitergehen. Nicht, dass ich die Illusion hätte, sie würde Pflaster verteilen und Heilung bringen, aber wenn ich an diese ätzende Strecke vor mir denke, die sich Trauerweg nennt, wünsche ich mir einen Zeitraffer. In die Zukunft beamen wäre noch verlockender, aber mir ist schon klar, dass ich diese Schritte gehen, tausende Erste-Male bewältigen muss, damit irgendetwas besser wird. Aber dann wenigstens im Eiltempo. Leider macht die Zeit da nicht mit. Die Tage ohne dich sind bleiern und langsam und leer. Die Einsamkeit und der Schmerz hängen an meinen Beinen wie Gewichte, mit denen ich mich nur vorwärts schleppen kann. Im Schneckentempo. "Time is a bitch". Ja und meine Freundin. Denn für die Zeit, die wir gemeinsam hatten, bin ich so dankbar. Für die ungezählten Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Monate, Jahre. Viel zu kurze Zeit, aber unendlich wertvolle. Nichts davon möchte ich missen, alles davon mitnehmen in die Zeit, die da noch kommt. Der Zug setzt sich in Bewegung und bringt mich voran. Schnell oder langsam - ich weiß es nicht.
Marco
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| ERINNERUNGSBUCH MEINE MUTTER UND ICH
beltz.de
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Die Bestattung ist vorbei, die Wohnung aufgelöst. das Erbe geregelt. Aber die wichtigsten Fragen stellen sich oft erst eine ganze Weile nach dem Tod: Was für ein Mensch war meine Mutter? Wer war sie für mich? Welche Geschichte, welche Werte und Erfahrungen leben in mir fort? Mit 111 Fragen hilft das Album Meine Mutter und ich beim Erinnern und spiegelt eine einzigartige Beziehung wider, die weit über den Tod hinausreicht. Auch für die Trauer um den Vater gibt es ein entsprechendes Buch im Beltz Verlag.
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Am Tag der Toten, einem wichtigen mexikanischen Feiertag Anfang November, wird der Verstorbenen gedacht und gleichzeitig das Leben gewürdigt. Nach altmexikanischem Glauben kommen die Toten zum Ende der Erntezeit aus dem Jenseits und feiern gemeinsam mit den Lebenden ein Wiedersehen. Verschiedene Veranstaltungen in Deutschland greifen den Brauch auf – zum Beispiel in Berlin oder in Hamburg. |
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Für eine Doktorarbeit an der TU Dortmund werden junge Erwachsene (ca. 18 - 25 Jahre) nach dem Tod eines Elternteils gesucht, die etwa zwei Jahre Abstand zu ihrem Verlust haben und sich dazu bereiterklären, im Rahmen eines etwa einstündigen Interviews (digital) von ihren Erfahrungen zu erzählen. Sämtliche Daten werden anonymisiert. Fokus der Befragung ist die soziale Einbindung junger Trauernder und die Veränderungen der persönlichen Beziehungen in der Trauer. Interessenten können über davina.klevinghaus@tu-dortmund.de Kontakt aufnehmen.
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Die Puppenmacherin Maria Tannigel will Trauernden in ihren Nähkursen die Möglichkeit geben, sich selbst näherzukommen, ihren Schmerz zu begreifen und im kreativen Tun ein Stück weit zu verarbeiten. Die individuell gestalteten und selbstgefertigten Puppen können für Erwachsene genauso wie für Kinder ein Begleiter im Trauerprozess und ein wichtiges Erinnerungsstück sein. Die Kurse finden in der Regel in Utting am Ammersee statt.
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| PETITION TRAUERBEGLEITUNG ALS KASSENLEISTUNG change.org
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Angesichts finanzieller Engpässe können viele Betroffene keine kostenpflichtige professionelle Trauerbegleitung in Anspruch nehmen. Zugleich müssen Hilfesuchende monatelang auf einen Therapieplatz warten. Dabei braucht es schnelle Unterstützung, um gravierende Folgen wie Arbeitsunfähigkeit, Depression, schwere chronische Erkrankungen bis hin zu Suizid zu verhindern. Eine Petition möchte bewirken, dass Trauerbegleitung als Leistung der Krankenkassen anerkannt wird. Damit jeder, unabhängig von seiner finanziellen Lage, Zugang zu professioneller Hilfe bekommt.
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| Mit freundlicher Unterstützung der | |
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