Zuhause zusammen: Von Hüten und Morast
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Wir an EuchWelche Gedanken und Eindrücke begegnen uns in der Begleitung? Womit beschäftigen wir uns und was treibt uns um? Ein offener Brief – diesmal von Corinna Lutz. |
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Eine Idee: Ein schützender Mantel |
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Die Imaginationsübung "Der schützende Mantel" soll dabei helfen, von unangenehmen, scheinbar unkontrollierbaren Emotionen nicht einfach fortgespült zu werden. In schwierigen Situationen ohne Halt kann sie dafür sorgen, sich wieder etwas sicherer und präsenter zu fühlen. Sie stammt von der Traumaexpertin Luise Reddemann und wird in einem Youtube-Video von der Psychotherapeuthin Manuela Schwanzer (Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien) angeleitet. |
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EinblickDrei Trauernde erzählen uns im Wechsel, wie ihr Leben gerade aussieht. Wie erleben sie ihren Verlust? Wie verändert sich ihre Trauer? Und was hilft dabei, die nächste Zeit zu überstehen? |
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Da ist er nun also, der zweite Lockdown. Fühlt sich anders an als beim ersten Mal: routinierter, resignierter, weniger panisch und aktionistisch, dafür nerviger, auslaugender, zielloser. Das beschreibt auch ziemlich gut, wie sich meine Stimmung und die Trauer in den vergangenen Wochen verändert haben. Ich bin nicht mehr so aufgekratzt, weder in den guten noch in den bodenlosen Phasen. Die Stimmungen, die hochkommen, kenne ich nun schon ziemlich gut und kann sie einordnen, und das nimmt ihnen doch einiges von ihrem Schrecken. Wenn ich falle, falle ich nicht mehr ins Endlose, sondern plumpse ein Stück, bis ich irgendeine Art von Untergrund fühle, der den freien Fall stoppt. Das zumindest ist positiv. Da ist irgendein Halt, irgendein Ende am unteren Ende der Emotionsskala. Das intensive Auf und Ab der Gefühle ist einem konstanteren Gefühl gewichen: einer zehrenden, beständigen, nagenden Gereiztheit. Auch da kann man prima Parallelen zwischen Corona und der Trauer ziehen. Wie es eine der Kindergartenmuttis heute so schön gesagt hat: Man ist genervt von seiner eigenen Genervtheit. Leider schaffe ich es auch nicht immer, sie unter Kontrolle zu halten, und ab und an bekommen es die Kinder ab, die ja auch gefühlt ständig zu Hause sind, da wir hier wochenweisen Wechselbetrieb in der Kita haben. Danach fühle ich mich dann immer furchtbar schlecht. Wer will schon eine ewig zeternde, nörgelnde und keifende Mama sein? Die Belastung ist immens, kann man dagegenhalten. Der fade Geschmack nach einem deftigen Anpfiff bleibt. Ob Corona oder Trauer, besonders belastend ist die fehlende Perspektive: Meine Trauer wird nie enden. Mein Mann wieder nie wiederkommen. Corona wird nie wieder weggehen. Und wann wir hier endlich, endlich alle durchgeimpft sind, das vermag derzeit niemand zu sagen. Obendrein ist es November, nicht eben mein Lieblingsmonat. Ich bin ein Sommermensch, meine Wohlfühl-Außentemperatur beträgt 30 Grad. Noch dazu ist der November auch der Monat der Geburtstage bei uns. Der sechste Geburtstag meiner Tochter ohne Papa, ohne Freunde, ohne Oma und Opa. Der Geburtstag meines Vaters ohne Kinder und Enkelkinder. Der Geburtstag meines verstorbenen Mannes, den wir ebenfalls nur zu dritt begehen werden, als wäre er nicht schon trostlos genug. Das passende Mantra: Akzeptiere das, was du nicht ändern kannst. Ich übe und übe und übe und übe. Ich finde ja, ich habe genug geübt. Ich habe genug ertragen. Ich bin durch genug Morast gewatet. Interessiert nur niemanden, dass ich das finde. Was den größten Stress verursacht, ist das Gefühl der Machtlosigkeit, habe ich gelernt. Jep, kann ich bestätigen. Sowohl was Corona, als auch was die Trauer betrifft. So habe ich beschlossen, zumindest ein bisschen etwas gestalten zu wollen, und mich endlich um einen Platz in einer Mutter-Kind-Kur gekümmert. Trotz eines immensen Corona-Runs hat es geklappt: August 2021, wir drei, an der Ostsee drei Wochen lang Sommer, Sonne und Sand. Ohne Mundschutz und Desinfektionsmittel. Man darf ja auch mal positiv denken. Clarissa |
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AnderswoI Wie kommen wir trotz Corona durch die dunklen Monate? Warum ist der zweite Lockdown psychisch schwerer auszuhalten als der erste? In einem Interview mit dem ZEIT Magazin schildert der Psychiater Leonhard Schilbach, welche Herausforderungen in der nächsten Zeit auf uns zukommen und was dabei helfen kann, sie zu überstehen.I Alle 53 Minuten nimmt sich in Deutschland ein Mensch das Leben. Von jedem Suizid sind durchschnittlich sechs Angehörige betroffen, die fassungslos zurückbleiben. Wie sollen sie nur weitermachen? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Dokumentarfilm „Was bin ich ohne dich? Wie Angehörige den Suizid überleben“, zu sehen in der ZDF-Mediathek. I Sie sind außer sich, weil Ihre Kinder Sie zuhause zur Weißglut bringen. Ihre Gedanken kreisen und kreisen und lassen Ihnen keine Ruhe. Sie haben Angst vor dem, was noch auf Sie zukommen wird. Der Gefühlsmonster-Notfallkoffer will Ihnen in dieser Situation mit kleinen Übungen und Inspirationen helfen. Auf der Seite gefuehlsmonster.de finden Sie außerdem Ideen zum Umgang mit den unterschiedlichsten schwierigen oder schönen Gefühlen, für sich selbst und Ihre Kinder. I Wer einen nahestehenden Menschen durch Corona verliert, hört statt Beileid oft zweifelnde Nachfragen: Gab es Vorerkrankungen? Wie hat der Verstorbene sich angesteckt? Ein (kostenpflichtiger) Artikel der SZ beschreibt, warum das Trauern zurzeit besonders schwer ist –und was Hinterbliebenen helfen kann. |
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Ihr an EuchDieses E-Mailformat soll auch eine Plattform sein, auf der Trauernde miteinander teilen können, was sie bewegt. Was beschäftigt Sie gerade? Gibt es Anliegen, Gedanken, Erfahrungen, die hier einen Platz haben sollen? Wir greifen Ihre Nachrichten gerne an dieser Stelle auf. |
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