Connie Palmen über ihr „Logbuch eines unbarmherzigen Jahres.“

Kommt, Ihr Töchter, helft mir klagen!

„Weil ich schon einen Mann verloren habe, weiß ich, wie groß das Vergessen ist, wie destruktiv auch, und wie viel Trauer ich nachher hatte, Extra-Trauer, weil ich schon so viel vergessen hatte.“ Connie Palmen schreibt in ihrem „Logbuch eines unbarmherzigen Jahres“ gegen das Vergessen an, denn „das Verblassen der Erinnerung hat etwas von einem zusätzlichen Tod, von einem Verrat an der Liebe.“ Die Autorin hat vor drei Jahren ihren Ehemann verloren. Hans van Mierlo war einer der charmantesten und beliebtesten Politiker Hollands. Er starb am 11. März 2010. Sechs Wochen nach seinem Tod beginnt Connie Palmen ihr Logbuch.

Connie Palmen / © Regine Mosimann / Diogenes Verlag
Connie Palmen / © Regine Mosimann / Diogenes Verlag

„Ich habe versucht, meine Trauer so gut wie möglich zu beschreiben“, erzählt Connie Palmen im domradio.de Interview: „ Ich habe versucht, Wörter für etwas Unbeschreibliches zu finden. Viele sagen, das kann man nur erfahren, das kann man nur passiv erleben, es gibt keine Wörter dafür. Aber wenn  wir als Schriftsteller Trauer nicht erfassen können, dann ist Literatur nichts wert, weil Trauer doch so alltäglich ist.“ Connie Palmen ringt nach Worten, sie sucht Gedichte, Tagebücher, sie sucht Zeugnisse in der Literatur, die einen Ausdruck für Trauer finden. Sie zitiert Dylan Thomas: „Do not gentle into that good night“, mahnt der Dichter. „Rage, rage against the dying oft he light.“ Im domradio.de Interview erzählt Connie Palmen von ihrer Wut, von ihrem Weg durch die Hölle, von Alkohol und Humor, die ihr halfen und von der Matthäus Passion: „Es ist natürlich auch eine Passion. Es ist die Matthäus Passion: “Kommt, ihre Töchter, helft mir klagen.“ Wenn man versucht, Trauer zu teilen - durch ein Gedicht, oder durch dieses Logbuch, oder die Matthäus Passion,  dann versucht man zu realisieren, wie viel Tod es in einem Leben gibt. Und wer der Angst vor dem Tod entflieht, der verfehlt das Glück“.