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Hallo zusammen,
was bleibt, wenn ein geliebter Mensch geht? Diese Frage beschäftigt uns in der aktuellen Rundmail. Wir finden die Verstorbenen in Erzählungen (Wir an euch), in hilfreichen Gedanken (Eine Idee), in der Natur (Einblicke) oder im Körper (Anderswo: Connie Palmen). Und wissen doch, dass all das nur die zweite Wahl ist, die Sie nie wählen wollten. Deshalb hoffen wir, dass wir Ihnen mit unserer Arbeit weiterhin – trotz der momentanen Einschränkungen – dabei helfen können, mit diesem unfreiwilligen und ungewollten "Plan B" umzugehen.
Ihr Team der Nicolaidis YoungWings Stiftung
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Wir an Euch
Welche Gedanken und Eindrücke begegnen uns in der Begleitung? Womit beschäftigen wir uns gerade und was treibt uns um? Ein offener Brief – diesmal von Lisa Auffenberg.
Dieses digitale Treffen der ±30-Gruppe ist ein besonderes. Wir lernen drei Menschen neu kennen. Russi, der seinen Job bei der Bundeswehr geliebt hat. Lulu, der so witzig und zugleich tiefsinnig sein konnte. Alex, der jedes Wochenende in den Bergen verbrachte. Persönlich treffen werden wir die drei nie, das ist uns allen schmerzlich klar, denn sie sind viel zu jung gestorben. Und trotzdem kommen sie uns nahe an diesem Abend: Wir sehen sie auf den Fotos, die ihre Partnerinnen uns zeigen. Wir hören von ihren Leben, wir lachen über Anekdoten mit ihnen, wir erfahren, was ihnen wichtig war. Vor allem aber spüren wir, wie groß die Lücke ist, die sie hinterlassen. Und wie groß die Liebe zu ihnen, die niemals gehen wird.
Aus den Bildern und den Worten springt uns Zuhörern aber noch etwas entgegen: die Fassungslosigkeit, die wir alle in dieser Runde von uns selbst so gut kennen. Wie kann es sein, dass ein Mensch eben noch strahlend in Klettermontur auf dem Gipfel stand und jetzt einfach weg sein soll? Dass dieser warme Blick niemanden mehr treffen und zum Lächeln bringen wird? Dass die Erinnerung an diesen Urlaub nicht erst der Anfang einer langen Reihe von weiteren, gemeinsamen Momenten ist, sondern ihr Ende?
Ich frage mich, wie ich als Teilnehmerin von meinem verstorbenen Partner erzählen würde. Was wäre mir wichtig? Was könnte ihn und uns am besten beschreiben? Die seit seinem Tod vergangenen Jahre schärfen einerseits den Blick und machen es leichter, nicht an jedem Detail, jeder Geste, jedem Spruch, jeder Winzigkeit hängen zu bleiben. Andererseits lassen sie abstrakter werden, was ihn und mich verbunden hat und noch immer verbindet.
Würde ich in den Fotos und Erinnerungen nach dem Wesentlichen suchen, ich würde wahrscheinlich wieder einmal erleben, dass die Zeit nichts verschluckt, sondern nur überdeckt. Wie letzten Herbst bei unserem Teamtag mit den ehrenamtlichen TrauerbegleiterInnen, als wir uns mit dem Beratungsansatz „Betroffene für Betroffene“ auseinandergesetzt und seit Langem mal wieder unsere Verlustgeschichten geteilt haben. Wie emotional es trotz des Abstands war, von dieser Zeit zu erzählen – das hat viele von uns überrascht.
Als ich meinen Kolleginnen von unserem Gruppenabend erzähle, wirkt er noch immer nach bei mir. Nicht nur die Geschichten der Menschen, die ich dabei kennenlernen durfte. Sondern auch die neuen Seiten, die ihre Partnerinnen uns im Erzählen gezeigt haben. Ich begreife mal wieder, wie tief die Spuren sind, die die Verstorbenen in uns hinterlassen. Wie fest verankert sie in unserem Leben sind, wie sehr sie uns prägen und wie selbstverständlich sie ein Teil dessen bleiben, was uns ausmacht. So selbstverständlich, dass wir es selbst oft gar nicht bemerken.
„Ich weiß ja selber ganz wenig über eure Geschichten“, sagt meine Kollegin Corinna plötzlich und stößt damit eine Idee an. Auch wir als Team sollten uns Zeit nehmen, von unseren Männern und ihrem Tod zu erzählen. Nicht nur in den Beratungsgesprächen sollten sie auftauchen, sondern auch im Kollegenkreis, damit wir uns darüber neu, anders, besser kennenlernen. Denn so viel ist uns allen klar: Diese Erfahrung, die wir machen mussten, und diese Menschen, die wir lieben durften, sie wirken weiter. Auch nach vielen Jahren. Niemand von uns würde sonst für den Bereich nach Tod des Lebenspartners der Stiftung arbeiten: als Betroffene, für Betroffene.
Ihre Lisa Auffenberg
Beratung und Begleitung nach dem Tod eines Lebenspartners
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Eine Idee: Regentag-Brief
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Es gibt bessere und schlechtere Tage. An den besseren sieht die Welt halbwegs freundlich aus, das Licht ist ein bisschen wärmer, der Blick nach vorne etwas optimistischer. An solchen Tagen lohnt es sich, zu überlegen, was an schlechten Tagen helfen könnte - und es aufzuschreiben in einem Regentag-Brief. Er ist adressiert an Sie selbst und voll gepackt mit warmen Worten, guten Ideen oder wertvollen Gedanken. Vielleicht denken Sie beim Schreiben auch daran, was der geliebte, verstorbene Mensch Ihnen mitgeben würde. Eine ausführliche Anleitung finden Sie hier. |
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Von Uns für euch
VORTRAG: TRAUER VERSTEHEN
25. März I 20.00 - 21.30 Uhr I Zoom
Bin ich normal? Geht es nur mir so? Das fragen sich viele Trauernde. Wie kann ich helfen? Wie soll ich der trauernden Freundin oder Kollegin begegnen? Das beschäftigt Angehörige, Freunde oder Außenstehende häufig. An einem Infoabend möchten wir deshalb ein Grundlagenwissen zum Thema Trauer vermitteln. Betroffenen, Angehörigen und Interessierten soll ein Verständnis für das Erleben und Verhalten in der Trauer vermittelt werden. Daneben werden Wege und Strategien aufgezeigt, die in der Trauer hilfreich sein können. Weitere Informationen und Anmeldung.
ACHTSAMKEITSTREFF
ab 15. April I 20.00 bis 21.00 Uhr I Zoom
Seit Januar 2021 besteht die Möglichkeit, einmal im Monat an einem Online-Achtsamkeitstreffen teilzunehmen. Das Angebot richtet sich an Trauernde, die ihren Lebenspartner, ihre Lebenspartnerin oder ein Elternteil verloren haben. Die Termine finden via Zoom statt und können dazu anregen, sich bewusst Zeit für sich selbst zu nehmen. Über Achtsamkeitsübungen wird der Blick vom Außen in das Innere gelenkt und die eigene Ruhe gestärkt. Nachdem die Treffen sehr positiven Anklang gefunden haben, wird die Reihe (erstmal) bis Juni fortgesetzt. Der Einstieg ist jederzeit möglich. Weitere Informationen und Anmeldung.
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Einblick
Trauernde erzählen uns im Wechsel, wie ihr Leben gerade aussieht. Wie erleben sie ihren Verlust? Wie verändert sich ihre Trauer? Und was hilft dabei, die nächste Zeit zu überstehen?
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Der Wind zerrt an mir, ohne dass ich ausmachen könnte, in welche Richtung er mich schieben will. Es gibt keine Richtung, keine Zukunft mehr, die sich selbstverständlich vor mir ausbreitet. Stattdessen schwappt vor mir die Nordsee. Das planlose Auf und Ab der Wellen, das kein Ziel und keine Absicht kennt, fühlt sich an, als wäre ich nicht alleine in meinem aus-der-Zeit-gefallenen Zustand. Neben mir blöken die Schafe. Die Böen treiben Tränen in meine Augen und zupfen an meinen Hosenbeinen. Sie fahren über meine Backe und wühlen in meinem Haar.
»Wie soll ich nur leben ohne dich? Ich brauch dich doch. Wie soll ich bloß weitermachen ohne dich an meiner Seite?», habe ich dich gefragt.
»Ich komme als Wind und streichle und tröste dich«, hast du gesagt.
Ich öffne meine Handflächen, strecke die Finger in den Wind und spüre deine Berührungen. Wie haben wir es geliebt, alle beide, das sanfte Kitzeln, wenn wir mit den Fingerspitzen über die Handfläche des anderen gefahren sind.
Ich spüre dich.
Ich spüre dich, wenn ich auf den Bus warte. Ich spüre dich, beim Autofahren am offenen Fenster. Ich spüre dich abends, wenn ein Gewitter aufzieht und ich an der Balkontüre auf deine Brise warte. Ich spüre dich, wenn der Sommer in der Luft liegt und wenn die Herbstblätter über den Boden hüpfen. Ich spüre dich, wenn ich mit dem Fahrrad durch deine Stadt fahre und wenn ich an deinem Grab sitze und weine und der Wind über meinen Kopf streicht.
Dann bist du da und tröstest mich. Und ich danke dir.
Nina |
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Anderswo
I Wie Urlaub machen, wenn Papa nicht mehr dabei ist? Wie sich jemals wieder über den Frühling freuen, wenn Mama nicht mehr wie sonst strahlend die ersten Blumen begrüßt? Der Kalender "Gemeinsam trauern, gemeinsam leben" soll Familien dabei unterstützen, mit dem Verlust umzugehen. Gestaltungsideen und kleine Rituale passend zu den Jahreszeiten ermöglichen es Eltern und Kindern, ihre Trauer auszudrücken und gemeinsam eine neue Form des Zusammenlebens zu finden.
I Was spendet uns Trost in der Zeit der Trauer? Gibt es eine „normale“ Trauer und eine krankhafte? Was ist, wenn der Schmerz nicht weichen will? Und wie können wir umgehen mit unserer neuen Realität in der Pandemie, in der Krankheit, Leid und Tod so präsent sind wie lange nicht mehr? Antworten auf diese Fragen will das Themenheft „Trauer und Verlust“ aus der Zeitschriftenreihe Psychologie Heute compact geben.
I Nach dem Tod eines geliebten Menschen stehen Angehörige vor vielen Aufgaben, die neben der Trauer bewältigt werden müssen. Die App „Beistand im Todesfall“ will Betroffenen diese bürokratischen Schritte und Entscheidungen rund um die Bestattung erleichtern. Sie bietet u. a. eine Todesfall-To-Do-Liste, Wordvorlagen für diverse Kündigungen und Unterstützung beim Verwalten des digitalen Erbes. Entwickelt wurde die App von einem jungen Trauernden nach dem Tod seines Onkels. Sie ist für Android-Nutzer kostenlos, bei Apple kostet sie 3,49 Euro.
I Jede Woche knöpft sich die Psychologin Pia Kabitzsch in ihrem YouTube-Kanal Psychologeek ein Thema vor. Hinter den Clips steht das Team von funk, einem Onlineangebot von ARD und ZDF. Passend zur jungen Zielgruppe sind die Themen locker aufbereitet, trotzdem sind sie sauber recherchiert. Die Videos widmen sich mal leichterer, mal schwererer Kost. Darunter sind Themen wie Dissoziationen, die psychischen Folgen der Corona-Krise, Depressionen oder Informationen rund um Psychotherapie.
I Die niederländische Schriftstellerin Connie Palmen hat in ihrem Leben gleich zwei große Lieben verloren. In einem (kostenpflichtigen) Interview mit dem SZ Magazin spricht sie darüber, was diese Lieben für sie bedeutet haben. Von ihrer Verlusterfahrung erzählt die Autorin außerdem in einem Radiointerview und in ihren "Notizen gegen das Vergessen": "Trauer bedient sich im Körper derselben Sprache wie die Verliebtheit, da ist kein Unterschied. Die dummen Organe erzählen von Unruhe und Begierde, ohne eine Ahnung zu haben, dass das Verlangen nach einem Lebenden ein ganz anderes ist als das nach einem Toten", heißt es in dem Logbuch eines unbarmherzigen Jahres.
I Die ZEIT widmet sich dem schwierigen Zusammenspiel von Corona und Trauer aktuell von zwei Seiten. In dem Podcast „Was jetzt?“ schildert der Protagonist Philipp, warum er als Trauernder den staatlich verordneten Lockdown als eine Art Erlösung empfindet. Eine andere Perspektive nimmt der Artikel „Trauer in der Corona-Zeit“ ein: Darin beschreibt der Journalist Manuel Bogner, warum es für Trauernde gerade besonders schwer ist, ihren Verlust zu verarbeiten und passende Rituale zu finden.
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Ihr an Euch
Dieses E-Mailformat soll auch eine Plattform sein, auf der Trauernde miteinander teilen können, was sie bewegt. Was beschäftigt Sie gerade? Gibt es Anliegen, Gedanken, Erfahrungen, die hier einen Platz haben sollen? Wir greifen Ihre Nachrichten gerne an dieser Stelle auf.
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